Wer kennt sie nicht, die Angst vor Kontrollverlust?
Wir organisieren und planen unser Leben, um alles im Griff zu haben. Das vermittelt uns Sicherheit und Vertrauen. Können wir unser Leben wirklich kontrollieren oder ist es nicht eher so, dass das Leben uns kontrolliert? Und was passiert, wenn unser Weg eine Kurve einschlägt und wir plötzlich mit Unerwartetem und Schmerzhaftem konfrontiert werden?

Allgemeine Situation
Wie ich in meinem Blog über Beziehungsstress beschrieben habe, sind wir Menschen auf drei Pfeiler in unserem Leben angewiesen:
- eine Aufgabe/Beruf
- ein Dach über dem Kopf und
- Beziehungen
Diese Grundpfeiler geben uns Halt und innere Balance. Doch das Leben hält immer wieder Überraschungen für uns bereit, die unsere vermeidliche Stabilität zum Wanken bringen.
Nehmen wir ein Beispiel aus der Alltagspraxis: Ein CEO eines grösseren Unternehmens ist erfolgsverwöhnt mit gutem Ruf. Sein Engagement für das Unternehmen ist enorm. Er sieht seine Frau und seine beiden heranwachsenden Kinder wenig. Auch in den Ferien wird weitergearbeitet. Er ist darauf fokussiert, seine Resultate zu übertreffen, um den Verwaltungsrat und die Aktionäre zufriedenzustellen. Dies stärkt seine Position, seinen Status und sein Ansehen. Eines Tages wird er vom Verwaltungsrat vorgeladen und es wird ihm mitgeteilt, dass man auf eine weitere Zusammenarbeit verzichten werde. Der Arbeitsvertrag wird aufgelöst. Grund: Uneinigkeit in der strategischen Ausrichtung. Schock! Er hat es nicht kommen sehen.
Ein Horrorszenarium denken Sie jetzt, doch das kommt häufiger vor als Sie glauben.
Und ein Unglück kommt selten allein: Nach dem verlorenen Job verlässt ihn seine Frau, das Haus wird ihr übergeben etc. So schnell wird ein Traumleben zu einem Albtraum.
Weitere Situationen können zu Kontrollverlust führen:
- Kündigung (ein traumatisches Ereignis für verschiedene Personen)
- Mobbing
- Suchtthematiken
- Existenznot / Schulden
- Veränderungen (Vorgesetztenwechsel, neue Technologien, neue Organisation)
- Krankheit/Unfall
- Trennung/Scheidung
Wie fühlt sich das an?
- alles entgleitet Ihnen
- Sie fühlen sich unter Druck, sind gestresst, haben weniger Impulskontrolle
- Sie fühlen sich verantwortlich (auch wenn es äussere Umstände sind)
- Sie haben Angst, das Gesicht zu verlieren («Was denken die anderen?»)
- Versagensängste steigen auf
Wendepunkt: Erkenntnis
Menschen sind vielseitig. Sie sind lernfähig – aber auch unbelehrbar. Wenn die Angst uns überrollt, lähmt sie unsere Ressourcen und unseren Denkapparat. Wir verlieren die Kontrolle über uns, unsere Reaktionen und Aktionen. Angst gehört zum Leben. Sie schützt uns in manchen Situationen und kann sogar lebensrettend sein. In anderen Fällen bremst sie uns aus. Jeder Mensch kennt das Gefühl der Ohnmacht (ohne Macht), die uns fliehen, angreifen oder erstarren lässt.
Hinzukommt, dass Wenige gelernt haben, mit Emotionen umzugehen. Wir lernen eher diese abzuspalten. Daher kommt es oft im Business-Kontext zu Aussagen wie: «Emotionen? Die habe ich voll im Griff», «Emotionen gehören nicht hierher. Wir sind hier, um zu arbeiten, da gibt es kein Gefühlsgedusel». Das ist doch esoterisches Zeug», etc.
In der Zeit, wo Roboter im Anmarsch sind und die Angst vor ihnen steigt, sind es genau die Emotionen, die uns Menschen zu Menschen machen.
Lösungen: Tools
Emotionalen Zustand akzeptieren
Eine der ersten Reaktionen kann sein, dass man alles verdrängt und weiter «den starken Mann» oder «die starke Frau» mimt. Damit wollen wir unser Image nach aussen aufrechterhalten. Dies ist aber nur eine vorübergehende Lösung. Im Inneren kocht es und führt längerfristig zu Krankheiten. Nehmen Sie stattdessen die aufkommenden Emotionen an. Ja, ich bin wütend, enttäuscht, unendlich traurig etc.
Je mehr wir versuchen eine Emotion zu vermeiden, umso stärker ist sie präsent. Wir nähren sie sogar und sie kann weiterwachsen, bis sie zum Stillstand führt. Seien Sie wohlwollend mit sich und ihrer Emotion. Nehmen Sie diese an, wie sie gerade ist und steigern Sie sich nicht hinein. Sie wird sich mit der Zeit abschwächen.
Was uns nicht umbringt, macht uns stark – Resilienz
Jedes noch so schwere Ereignis lernt uns viel über uns selbst und unser Umfeld. Es stärkt die Resilienzkompetenz und damit unsere Widerstandskraft. Mit Resilienz wird die Fähigkeit eines Menschen beschrieben, aus Phasen hoher Belastungen, Krisen und aus widrigen Umständen gestärkt hervorzugehen. Die eigene Resilienz ist eine Charaktereigenschaft. Die Forschung stellte bisher fest, dass Kinder mit einer hohen Resilienz schon früh eine gewisse Hilfsbereitschaft zeigen, gerne Probleme lösen und in der Lage sind, eine realistische Weltsicht zu entwickeln. Resiliente Menschen besitzen ausserdem Humor und eine hohe Kommunikationsbereitschaft. Sie sehen das halbvolle Glas und fixieren sich weniger auf Fehler, sondern mehr darauf, was sie gut können und womit sie erfolgreich sind.
Resilienz kann sich im Laufe des eigenen Lebens entwickeln, sie ist also auch eine Haltungs- und Einstellungssache. Wer lernt, zu akzeptieren, dass Krisen, Krankheiten und belastende Ereignisse zum Leben dazugehören, stärkt die eigene Resilienz.
Halt in der Familie, bei Freunden, Hobbies und in der Natur
Neben der Reise zu sich selbst, können Familie und Freunde ein wichtiger Halt in schweren Zeiten sein. Oft lernen wir in diesen Situationen «echte» von «unechten» Freunden zu unterscheiden. Hobbies wie Sport, Malen, Kochen etc. lassen uns für einen Moment das Schwere vergessen. Der bewusste Rückzug in die Natur mit Spaziergängen und Wanderungen stärkt unsere Wurzeln und wir können uns mit den vier Elementen Erde, Luft, Wasser, Licht (Feuer) verbinden. Jeder hat seine eigene Kraftquelle und wenn sie bis dahin noch nicht bekannt ist, werden Sie in diesem Moment fündig werden.
Hilfe annehmen
In vielen Fällen sind wir zu stolz Hilfe von aussen anzunehmen. «Ich werde doch nicht zu einer Psycho-Tante oder einem Psycho-Onkel gehen, das schaffe ich selbst». Der Mensch agiert nur zu 10% auf der bewussten Ebene. Zu 90% ist das Unterbewusstsein aktiv, in dem dramatische Ereignisse und alte Verletzungen fix gespeichert sind. Daher ist es für uns nicht möglich, diese allein zu transformieren. Wir können mit positivem Denken und Handeln einiges bewirken. Die darunterliegenden Verletzungen bleiben ohne kompetente, individuelle Unterstützung allerdings aktiv.
Zusammenfassend ein Akronym für Angst: (kreiert von Susanne Zimmermann)
A Aufmerksamkeit deinen Gefühlen gegenüber / Achtung vor dir selbst
N Neues will entstehen
G Geduld mit dir während des Transformationsprozesses / Gelassenheit und Vertrauen in dich selbst üben
S Sicherheit bei beständigen Dingen im Leben suchen
T Traue dir selbst, du bist mehr als du denkst
Beschäftigt Sie dieses Thema?
Gerne stehe ich Ihnen für offene Fragen schriftlich oder mündlich zur Verfügung.
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